Das Qingming-Fest ist das chinesische Totengedenkfest. Es findet einmal im Jahr am 15. Tag nach der Tag- und Nachtgleiche - dem Frühlingsbeginn - statt. Es fällt gewöhnlich auf den 4. oder 5. April, der hier in Taiwan ein Feiertag ist.
Viele Taiwaner machen sich an diesem Tag also auf zum Friedhof, um die Gräber zu pflegen, Gebete zu sprechen und der Vorfahren und Verstorbenen zu gedenken.
Um dem Ansturm an diesem Tag auf die Friedhöfe zu entgehen, machen wir uns schon eine Woche vor dem Qingming-Festtag auf den Weg zum Friedhof, um uns um das Grab von meinem Schwiegervater zu kümmern ...
Wir haben jede Menge Opfergaben wie Süßigkeiten, Kekse, Trockenfleisch (das mochte der Vater am liebsten) Blumen etc. und, wie hier auf dem Foto abgebildet, Papiergeld mitgebracht, um die Geister und Götter zufriedenzustellen.
Aber als erstes werden einige Vorbereitungen getroffen: Das Grab muss gesäubert werden, die Opfergaben müssen aufgestellt werden.
Auf den Grabstein und das Grab legen wir etliche Bündel mit fünffarbigem Papier, die wir mit Steinen beschweren, damit der Wind sie nicht wegweht. Sie schmücken das Grab, sind Teil der Zeremonie und zeigen, dass sich jemand um das Grab kümmert.
Dann zünden wir Räucherstäbchen an und sprechen als erstes Gebete. Jeder bekommt drei Räucherstäbchen.
Und während wir zu den lokalen Schutzgottheiten beten, kommt auf einmal ein starker Wind auf. Ich bekomme kurz eine Gänsehaut. Fast ein bisschen unheimlich.
Dann stecken wir die Räucherstäbchen vor dem Grabstein in ein Gefäß.
Es darf erst weitergehen, wenn die Räucherstäbchen zur Hälfte abgebrannt sind. Solange müssen wir warten und sprechen weitere Gebete...
Nach alter Tradition müssen wir jetzt erstmal, bevor wir das Papiergeld anzünden dürfen und andere Opfergaben darbringen, auf ein Zeichen des Verstorbenen warten ...
Der Verstorbene muss uns mitteilen, dass er anwesend und über unsere Anwesenheit erfreut ist...
Dafür werfen wir zwei Münzen. Nur wenn die Münzen in der richtigen Kombination fallen, also einmal Zahl und einmal Kopf (wie auf dem Bild), gilt das als ein Zeichen, das die Seele des Verstorbenen anwesend ist.
Bis das Zeichen erscheint, muss man also weiter Gebete sprechen. Aber wir erhalten gleich beim ersten Wurf das Zeichen, dass die Seele des Verstorbenen anwesend ist und können nun die Opfergaben darbringen.
Wir haben reichlich Papiergeld eingekauft, das wir in einem Verbrennungsplatz direkt neben dem Grab verbrennen.
Dieses Geld soll dem Verstorbenen im Jenseits zu Gute kommen, damit er sich es auch für ein weiters Jahr gutgehen lassen kann.
Wir verbrennen das Papiergeld in dem dafür vorgesehenen Verbrennungsplatz ...
Und schließlich teilen wir die mitgebrachten essbaren Opfergaben untereinander auf und verspeisen alles selbst.
Lecker, so kann Friedhof Spaß machen!
Alles Gute
Till